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Auswandern in die Schweiz – lohnt sich das finanziell?

Die Schweiz ist das beliebteste Auswanderungsland für Deutsche. Anfang 2021 hatten rund 309.000 Bundesbürger dort ihren Wohnsitz gemeldet. Wird die Schweiz ihren guten Ruf gerecht?

In meinem Umfeld sehe ich seit Jahren eine wachsende Unzufriedenheit bei gut ausgebildeten jungen Deutschen. Trotz guter Jobs und entsprechendem Verdienst können, können sich immer weniger junge Menschen bspw. den Traum vom Eigenheim erfüllen. Die Inflation gerade im Bereich der Wohnmieten erschwert das Ansparen von Eigenkapital. Die stark gestiegenen Kaufpreise und zuletzt die auch noch gestiegenen Bauzinsen tun ihr Übriges. Seit der Corona-Pandemie höre ich immer mehr Überlegungen auszuwandern. Doch wo lebt es sich wirklich besser als in Deutschland? Die Schweiz ist das beliebteste Auswanderungsland für Deutsche. Zurecht? Im Folgenden zeige ich auf, für und gegen die Schweiz spricht. Allgemein für Deutsche, aber speziell für (Wirschafts-)Informatiker.

Auswandern in die Schweiz – Pro und Contra

Ein Hinweis vorweg: Um die Lebensqualität eines Landes zu beurteilen, sollte man nicht einfach nur auf die Verdienstmöglichkeiten und Lebenshaltungskosten schauen. Es gibt eine ganze Bandbreite an Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel:

  • Abgabenlast (Steuern und Sozialabgaben)
  • Qualität des Sozialsystems (bspw. Gesundheitssystem, Absicherung in Falle von Krankheit und Arbeitslosigkeit)
  • Sicherheit und Kriminalität
  • Infrastruktur (bspw. Ausbau des Internets und Mobilfunknetzes, Verkehrsanbindungen, öffentlicher Nahverkehr)
  • Bürokratie (bspw. Arbeitserlaubnis für Ausländer, Möglichkeit der Einbürgerung)
  • Aufwand die Sprache zu erlernen
  • Willkommenskultur / Einstellung gegenüber Einwanderern
  • Wer Kinder hat:
    • Qualität der Bildungseinrichtungen
    • Qualität und Verfügbarkeit von Kinderbetreuungsmöglichkeiten
  • Das Klima (und zwar zu allen vier Jahreszeiten)

Die Liste ließe sich noch erweitern. Da die Schweiz aber insgesamt als sicheres hochentwickeltes Land gilt, möchte ich mich in diesem Artikel rein auf finanzielle Anreize fokussieren.

Einkommen und Lebenshaltungskosten in der Schweiz

Im Folgenden wird auf die verschiedenen Verdienstmöglichkeiten und Lebenshaltungskosten in der Schweiz eingegangen.

Mindestlohn

Zunächst einmal fangen wir beim unteren Ende der Verdienstskala an, nämlich beim Mindestlohn. In der Schweiz gibt es keinen einheitlichen nationaleinheitlichen Mindestlohn. Einige Kantone haben einen Mindestlohn eingeführt (Genf, Tessin, Jura, Basel-Stadt und Neuenburg), andere nicht. Die Höhe des Mindestlohns (Stand: 2024) variiert zwischen 19 Schweizer Franken in Tessin und 24 Schweizer Franken in Genf.

Hinweis: Zur Zeit der Artikelerstellung liegt der Wechselkurs 1 EUR zu 0,95 Schweizer Franken. Da der Kurs nahezu 1 zu 1 ist, wird auf Umrechnung in Euro verzichtet.

Am im Vergleich zu Deutschland deutlich höheren Mindestlohn, lässt sich bereits die bessere Einkommenssituation ablesen. Das gilt auch für das durchschnittliche Einkommen.

Durchschnittseinkommen

Das Durchschnittseinkommen (Stand: 2024) beträgt in Deutschland 45.358 Euro pro Jahr. In der Schweiz umgerechnet 81.456 Euro pro Jahr.

Was ist ein guter Lohn in der Schweiz?

Nun kennen wir also den Mindest- und den Durchschnittslohn ist. Doch was ist ein guter Lohn in der Schweiz? Aufgrund diverser regionaler Unterschiede und Unterschiede in den Branchen lässt sich dies nicht pauschal beantworten, aber zu den Topverdienern gehören alle, die mindestens 15.000 Schweizer Franken pro Monat erhalten. Wirtschaftsinformatiker verdienen monatlich etwa 7.500 bis 8.500 Schweizer Franken. Sie liegen damit weit über dem Durchschnittslohn. Schweizer Führungskräfte kommen auf ein Durchschnittsgehalt von 130.000 Franken, Hilfsarbeitskräfte immerhin auf 62.100 Franken (Quelle: Statista). In diesem Artikel findet ihr weitere Informationen, was ein guter Lohn in der Schweiz ist.

Lebenshaltungskosten

Das Leben ist in der Schweiz in allen Bereichen deutlich teurer als In Deutschland. Es gibt jedoch Unterschiede in der Höhe in den verschiedenen Bereichen. Nahrungsmittel sind in der Schweiz ungefähr doppelt so teuer. Bekleidung und Schuhe sind ca. 60 Prozent teurer. Wohn- und Energiekosten sind ca. 40 Prozent teurer. Bei Post und Telekommunikation beträgt die Differenz ca. 50 Prozent. Bei Freizeit und Kultur beträgt der Unterschied ca. 70 Prozent. Für Gastronomie muss im Durschnitt sogar 3 Mal so viel gezahlt werden. Auch für Steuern und Sozialabgaben fällt im Durchschnitt die 3-fache Summe an. Insgesamt muss man damit rechnen, in der Schweiz die doppelten Ausgaben zu haben, im Vergleich zu Deutschland. Singles zahlen etwas mehr als das Doppelte, Familien etwas weniger.

Miete

Da die Miete einen Großteil der Lebenshaltungskosten ausmacht, und die meisten Deutschen Auswanderer vermutlich anfangs auch zur Miete wohnen wollen, hier noch einmal ein separater Vergleich: Ein Schweizer gibt im Durchschnitt 20 bis 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aus. Dies ist in Deutschland (Durchschnitt ca. 28 Prozent) ein ähnliches Verhältnis.

Steuern und Sozialabgaben

Ein pauschaler Vergleich der Steuern und Sozialabgaben zwischen Deutschland und der Schweiz ist leider nicht möglich. Anders als in Deutschland wo es eine bundeseinheitliche Regelung für Einkommensteuer und Sozialabgaben gibt (bis auf wenige Ausnahmen zum Beispiel bei der Kirchensteuer), ist dies in der Schweiz zwischen den einzelnen Kantonen komplett unterschiedlich. Es gibt zwischen den Kantonen einen gewissen „Steuerwettbewerb“. Um zumindest einen kleinen Anhaltspunkt zu liefern: Gemessen am BIP bezahlen Schweizer ca. 30 Prozent Abgaben, in Deutschland sind es ca. 38 Prozent.

Übrigens: Ganz interessant verhält es sich bei der Mehrwertsteuer: Diese ist in der Schweiz überraschend gering. Die Mehrwertsteuer liegt bei 8,1 Prozent für Waren wie Tabak, Alkohol und Schmuck. Bei Beherbergungen sind es 3,8 Prozent und für Waren des täglichen Bedarfs (Nahrungsmittel, Medikamente, Zeitungen und Bücher) sogar nur 2,6 Prozent Mehrwertsteuer.

Kaufkraft

Die Kaufkraft gibt an, welche Gütermenge sich ein Bürger mit seinem Einkommen leisten kann. Die Kaufkraft variiert, alleine schon, weil bestimmte Güter saisonale Preisschwankungen aufweisen. So ist Heizöl im Winter in der Regel teurer als im Sommer.

Die Kaufkraft der Schweizer ist ca. 10 Prozent höher, als die der Deutschen. Vom Einkommens- und Lebenshaltungskostenverhältnis ist die Schweiz im Durchschnitt damit signifikant besser. Hier muss man allerdings beachten, dass es natürlich – in der Schweiz wie in Deutschland – deutliche regionale Unterschiede gibt.

Fazit: Verdienstmöglichkeiten & Lebenshaltungskosten

In der Schweiz liegen die Einkommen deutlich höher als in Deutschland. Doppeltem Einkommen stehen allerdings auch fast doppelt so hohe Lebenshaltungskosten entgegen. Unter dem Strich bleibt dennoch etwa 10 Prozent mehr Kaufkraft. Diese Zahlen variieren aber je nach Statistik. Aus finanzieller Sicht lohnt sich das Auswandern damit nur bedingt. Es muss hier eine Einzelfallbetrachtung stattfinden, je nach Region in der Schweiz, dem ausgeübten Beruf sowie der individuellen Lebenssituation (bspw. Anzahl der Kinder).

Artikelname: Auswandern in die Schweiz – lohnt sich das finanziell?

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